Eine Hausdurchsuchung kann jeden Treffen und muss in der Regel von jeder natürlichen oder juristischen Person erduldet werden – unabhängig davon, ob sie im Endeffekt als zu recht oder womöglich zu Unrecht ins Visier geratene Person gelten wird oder nicht.
Aus diesem Grund ist es ratsam, sich wenigstens einmal mit diesem starken Eingriff in die Privatsphäre beschäftigt zu haben; Um den Schaden von Vorneherein auf das Nötigste begrenzen zu können haben Strafverteidiger zahlreiche Verhaltensempfehlungen veröffentlicht, die den Betroffenen helfen sollen, sich und ihre Interessen zu schützen sowie sich mit dem Ablauf einer Hausdurchsuchung vertraut zu machen.
1. Ruhe bewahren
Die Hausdurchsuchung kommt unangemeldet, die plötzliche Polizeipräsenz ist einschüchternd. Starke emotionale Reaktionen sind daher bei Betroffenen beziehungsweise Beschuldigten die Regel.
In jedem Fall sollte man so gut es geht Ruhe bewahren und einen kühlen Kopf bewahren; Es kann hierbei hilfreich sein, eine Person des Vertrauens hinzuziehen, um sich sicherer zu fühlen.
Starke Überreaktionen – auch von Seiten der Beamten – können zu Konflikten führen, die später durch einen Strafverteidiger oder eine Strafverteidigerin kaum mehr zu neutralisieren sind; Den Verlauf des Verfahrens belasten diese Erlebnisse selbstredend stark.
2. Die Aushändigung des Durchsuchungsbefehls erbitten
Mehrere Rechtsanwälte empfehlen übereinstimmend, die Beamten zunächst um die Aushändigung des Durchsuchungsbefehls zu bitten; In diesem ist das Objekt der Durchsuchung – z. B. das Arbeitszimmer des Herrn Max Mustermann, Musterstraße 1, 12345 Musterstadt – genau bezeichnet.
Die betroffene / beschuldigte Person sollte der Durchsuchung ausdrücklich widersprechen sofern die Angaben auf dem Durchsuchungsbefehl nicht 100-prozentig stimmen.
Es ist ratsam, sich die Namen aller Beamten geben zu lassen; Die Polizisten sollten sich ausweisen. Ersatzweise sollten Dienstnummern und die zugehörige Behörde notiert werden.
Bei Unternehmen empfiehlt es sich mitunter, die Beamten hierfür in ein separates Besprechungszimmer zu führen und die Geschäftsleitung zu informieren.
3. Hinzuziehung eines Strafverteidigers beziehungsweise einer Strafverteidigerin
In jedem Fall ist es ratsam, sich umgehend um Rechtsbeistand zu bemühen, idealerweise nachdem die Polizei ihr Ansinnen an der Haustür vorgetragen hat. Sollte bisher kein Kontakt zu einer auf Strafrecht spezialisierten Kanzlei bestehen, gibt es den sogenannten „Strafverteidigernotruf“; Dieser Begriff führt in Kombination mit der entsprechenden Ortsbezeichnung zu Kontaktdaten einer Vermittlungsstelle:
Unter diesen Telefonnummern, die in der Regel 24 Stunden am Tag besetzt sind und meistens von Vereinen und Kanzleien eingerichtet worden sind, wird der sofortige Kontakt zu einem Strafverteidiger vermittelt.
Die „Furcht“ vor Rechtsanwaltskosten sollten kein Grund dafür sein, auf frühzeitigen Rechtsbeistand zu verzichten und zwar unabhängig davon, ob die Durchsuchung als rechtens oder unrecht erachtet wird.
Die Kosten können unter bestimmten Voraussetzungen im Zuge der Gewährung von Prozesskostenhilfe oder der Beiordnung als Pflichtverteidiger von einer Behörde getragen werden.
4. Die Polizei bitten, bis zum Eintreffen des Rechtsbeistandes zu warten
Nicht selten passiert es, dass die Hausdurchsuchung schon abgeschlossen ist, wenn der hinzugerufene Anwalt oder die Anwältin eintreffen, besonders, wenn „Gefahr im Verzug“ vermutet wird; Die Polizei kann jedoch immer gebeten werden, vor der Tür bis zum Eintreffen des hinzugerufenen Rechtsbeistandes zu warten.
Juristischen Laien kann es helfen, den Strafverteidiger am Telefon an den Einsatzleiter weiterzugeben.
5. Zeugen hinzuziehen
Zur Durchsuchungen von Anwaltskanzleien gibt die österreichische Kanzlei Todor & Costic an, dass die Polizei maximal eine Stunde bis zum Eintreffen eines Rechtsanwaltes oder einer Anwältin wartet.
Bei der Durchsuchung von Anwaltskanzleien ist es z. B. in Deutschland weiterhin Voraussetzung, dass eine der Rechtsanwaltskammer zugehörige Person anwesend ist.
Idealerweise zieht die betroffene Person oder Firma Zeugen (z. B. unbeteiligte Nachbarn) zu der Durchsuchung hinzu. Im Falle der Zeugenanhörung wird die Aussage von Zeugen, die nicht mit der beschuldigten Person verwandt oder verschwägert ist, nicht selten als glaubwürdiger eingestuft.
6. Keine Einverständnis erklären
Die deutsche Kanzlei Dr. Böttner empfiehlt in deren Ratgeber den betroffenen beziehungsweise beschuldigten Personen, keine Einverständnis hinsichtlich der Sicherstellung von Gegenständen zu erklären.
Der Richter oder die Richterin muss in diesem Fall nämlich noch beschließen, ob eine Sichtung der sichergestellten Gegenstände und Unterlagen geschehen kann, wobei ein Anwalt diese Entscheidung anfechten kann. Bei einer Zustimmung zur Sicherstellung ist dies nicht der Fall.
Mitunter werden die beschuldigten Personen im Anschluss aufgefordert zu unterschreiben, dass der Sicherstellung zugestimmt wird; Solche Unterlagen sollten auch bei der Kooperation mit den Beamten nicht unterschrieben beziehungsweise gezielt mit „WIDERSPRUCH“ gekennzeichnet zurück gegeben werden.
7. Versiegelung von Unterlagen
Es sollte verlangt werden, schriftliche Unterlagen vor der Sicherstellung zu versiegeln. Die Lösung der Versiegelung und das Sichten der Unterlagen muss so von einem Richter beschlossen werden.
Schriftstücke dürfen vorher kopiert werden; Dies ist in jedem Fall ratsam, da die Ermittlungsbehörden immer die Originale mitnehmen und diese womöglich lange unter Verschluss bleiben.
Im Nachhinein sollte ein Protokoll eingefordert werden, auf dem der Ablauf inklusive der Auflistung der sichergestellten und versiegelten Dokumente.
8. Keine Aussagen machen
Beschuldigte und deren verschwägerte und verwandte Angehörige haben ausnahmslos – auch wenn die Beamten die Belehrung vergessen beziehungsweise „vergessen“ haben – ein Zeugnisverweigerungsrecht, wobei die Beanspruchung dieses Rechts in einem etwaig folgenden Verfahren nicht als benachteiligend gewertet werden darf.
9. Keine Passwörter herausgeben
Die Polizei wird bei beschlagnahmten Mobiltelefonen, Computern, Tablets oder Festplatten auch versuchen, von Beschuldigten Passwörter, Pins, etc. zu erhalten, um auf diese Informationen zugreifen zu können. Es besteht jedoch keine Pflicht für Beschuldigte, diese herauszugeben. Auch hier gilt: Etwaige richterliche Beschlüsse, die Sicherheitsvorkehrungen an Computern, Mobiltelefonen, etc. zu überwinden, können von Anwälten angefochten werden.
10. Nach Möglichkeit mit den Beamten kooperieren
Die Kanzlei Dr. Böttcher empfiehlt eine „gemäßigte Kooperation“. Bereits beim Durchlesen des Beschlusses sollte erfragt werden, nach welchen Gegenständen und Unterlagen genau gesucht wird; Nach Rücksprache mit dem Rechtsbeistand kann gegebenenfalls eine „freiwillige Herausgabe“ mitunter einen sogenannten „Zufallsfund“ vermeiden, also die Mitnahme von Unterlagen, die im Verfahren gegegenenfalls auch als relevant erachtet werden.
Eine aktive Unterstützung der Durchsuchung muss nicht geleistet werden. Die anwesenden Personen sind lediglich zur Herausgabe der Personendaten verpflichtet.
Auch wenn bei der Durchsuchung selbst kein Rechtsbeistand anwesend sein kann, kann im Nachhinein noch Vieles geregelt werden; Nach der Akteneinsicht wird der Rechtsbeistand umfassend beraten und eine Einschätzung des Sachverhaltes abgeben können.
Dieser Artike stellt keine Rechtsberatung dar, lediglich eine Zusammenfassung verschiedener anwaltlicher Empfehlungen hinsichtlich der Hausdurchsuchung; Jeder Fall ist einzigartig, daher sollte optimalerweise schnellstmöglich ein Rechtsanwalt beziehungsweise eine Rechtsanwältin mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Strafrecht hinzugezogen werden.
Dies ist ein journalistischer Beitrag nach bestem Wissen und Gewissen. Der Recherchestand entspricht dem Veröffentlichungsdatum des Artikels.
Dieser Beitrag ersetzt ausdrücklich keine Rechtsberatung.