Der Bundesgerichtshof (BHG) hat die Haftung der Geldinstitute für Beratungsfehler verschärft. Banken müssen zukünftig beweisen, dass sie Kunden nicht falsch beraten haben. Damit legen die Karlsruher Richter die Umkehr der Beweislast fest, denn bisher oblag es dem Kunden, den Nachweis zu erbringen, dass die Beratung des Kreditinstituts fehlerhaft war. So muss eine Bank die Anleger unter anderem darüber aufklären, wenn sie Rückvergütungen, die sogenannten Kick-back-Zahlungen, für die Vermittlung eines Finanzproduktes einstreicht.
Vollständige Aufklärung im Beratungsgespräch erforderlich
Im konkreten Streitfall ging es um die Klage eines Investors, der Anteile am Medienfonds „VIP 3“ in Höhe von rund 35.000 Euro erworben hatte. Die Fondsgesellschaft erhob Anspruch auf die üblichen Ausgabevergütungen und Verwaltungsgebühren. Weder im Kaufformular (Vermögensanlagebogen) noch im Verkaufsprospekt fanden sich Informationen darüber, dass 8,25 Prozent dieser im Vertrag offen ausgewiesenen Provisionen an die Bank zurückfließen sollten. Auch im persönlichen Beratungsgespräch thematisierte das Kreditinstitut diesen Rückfluss nicht. Der BGH schlussfolgerte demgemäß, dass die prozentuale Beteiligung der Bank dem Kunden nicht bewusst gewesen sein konnte. Die obersten Richter sahen den Tatbestand der Verletzung der Beratungspflicht damit als gegeben an, da der Anleger bei regelrechter Aufklärung eine Handlungsalternative gehabt hätte.
Deutliche Stärkung der Rechte von Geschädigten
Gerade in Bezug auf mögliche Handlungsalternativen ist es laut den Karlsruher Richtern die Pflicht der Banken, Anleger vollständig aufzuklären. Der Argumentation des Geldinstituts, dass der Kunde das Finanzprodukt eventuell auch mit Kenntnis des Vergütungsmodells gekauft hätte, folgte der BGH nicht. In der Urteilsbegründung erläuterten die obersten Richter, dass ein Geschädigter kaum beweisen könne, wie er reagiert hätte, wenn die Kick-back-Zahlungen an die Bank für ihn ersichtlich gewesen wären. Der Schadenersatzanspruch richte sich demzufolge nicht daran aus, ob der Geschädigte plausibel darlegen könne, dass er sich anders entschieden hätte, wenn die Offenlegung der prozentualen Rückvergütung durch das Geldinstitut erfolgt wäre. (Az.: XI ZR 262/10).
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